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Virologie

WHO stuft Mpox-Ausbruch als globale Notlage ein

Zahl der Infektionen mit dem Mpox-Virus steigt weiter

Angefärbte Mikroskopieaufnahme von Mpox-Viren
Das Mpox-Virus wurde bereits in 17 afrikanischen Ländern nachgewiesen. © National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID)

Gesundheitsnotstand: Angesichts steigender Infektionszahlen mit dem Mpox-Erreger in einigen afrikanischen Ländern hat die Weltgesundheitsorganisation WHO den internationalen Notstand aufgerufen. Demnach droht eine weitere Ausbreitung auch über die Grenzen der bisherigen Epidemiegebiete hinaus – und möglicherweise sogar weltweit. Wie hoch ist die Gefahr einer Pandemie durch das Virus? Wie ansteckend sind die aktuelle kursierenden Varianten der Clade I und wie krankmachend oder tödlich sind sie?

Mpox – ehemals Affenpocken (Monkeypox) genannt – ist eine durch das Mpox-Virus (Orthopoxvirus simiae) ausgelöste Erkrankung. Das Virus ist mit dem ausgerotteten Pockenvirus (Variola-Virus) verwandt, verursacht ähnliche Symptome und führt seit den 1970er Jahren immer wieder zu lokalen Ausbrüchen in Zentral- und Westafrika. Mpox existiert in zwei Varianten, beziehungsweise Claden. Die erste kursiert aktuell im Kongobecken in Zentralafrika, die zweite verbreitete sich zuletzt im Sommer 2022 von Westafrika aus weltweit und trat damals auch in Deutschland und Europa auf.

Zunehmende Fallzahlen

Während die Infektionszahlen der Clade II seitdem stetig zurückgegangen sind, nimmt die Zahl der Infizierten mit der Clade I derzeit wieder zu, vor allem im Kongo und anderen afrikanischen Ländern, darunter die Nachbarländer Burundi, Kenia, Ruanda und Uganda. Das afrikanische CDC (Africa Centres for Disease Control and Prevention), die afrikanische Gesundheitsinstitution, meldete für 2024 bereits über 15.000 Fälle oder Verdachtsfälle und 461 Todesfälle – deutlich mehr als im Vorjahr. Die WHO sprach von mehr als 15.600 Fällen und 537 Todesfällen. Da bislang nicht systematisch getestet wird, gehen Experten zudem von einer hohen Dunkelziffer aus.

Angesichts der steigenden Mpox-Infektionszahlen der Clade I hat die Weltgesundheitsorganisation WHO den aktuellen Ausbruch des Pockenvirus am 14. August 2024 zu einer „gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite“ erklärt. Das bedeutet, dass sich eine Krankheit über Landesgrenzen hinweg auszubreiten droht und so zum Gesundheitsrisiko für andere Länder wird – so wie es zuletzt bei der Corona-Pandemie 2020 der Fall war.

Aggressivere Virusvariante?

Zu dieser Einstufung beigetragen hat auch die Vermutung, dass die Clade I von Mpox möglicherweise ansteckender und tödlicher ist als Clade II. Diese Befürchtung gilt besonders für die im September 2023 in der Region Kivu neu entdeckte Subvariante, Clade Ib. Ob dies tatsächlich zutrifft, wie ansteckend und wie weit verbreitet die aktuellen Varianten der Clade I sind, konnte aufgrund mangelnder Daten aber bislang nicht überprüft werden, betont das Robert-Koch-Institut (RKI). „Was wir wissen, ist, dass die Clade I mit einer schwereren Erkrankung verbunden ist als Clade II“, sagt die Virologin Marion Koopmans von der Universität Rotterdam.

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Da Mpox ein DNA-Virus ist, verändert sich sein Genom zwar langsamer als bei RNA-Viren wie dem Coronavirus SARS-CoV-2 oder Influenzaviren. „Eine Veränderung des Genoms wird jedoch bereits beobachtet. Welchen Einfluss diese Veränderungen auf die Virulenz der Viren haben, ist aktuell nicht bekannt“, berichtet das RKI. Es ist demnach unklar, wie gut Mpox-Viren der Clade I bereits an den Menschen angepasst sind.

Wie steckt man sich mit Mpox an?

Mpox ist eine sogenannte zoonotische Krankheit, die von Tieren auf Menschen übertragen wird. Anders als es der frühere Name „Affenpocken“ suggeriert, sind jedoch Primaten nicht der ursprüngliche Wirt dieses Erregers. Forschende vermuten diesen eher unter Nagetieren und anderen Kleinsäugern. Infizieren kann Mpox jedoch eine ganze Reihe von Säugetieren. „Hinweise auf eine Infektion mit dem Affenpockenvirus wurden bei Tieren wie Eichhörnchen, Gambia-Riesenhamsterratten, Siebenschläfern, verschiedenen Affenarten und anderen gefunden“, berichtet die WHO.

Bei uns kann die Infektion auch direkt von Mensch zu Mensch erfolgen. Mpox ist dabei nicht durch die Luft, sondern nur durch direkten Kontakt mit infizierten Personen, Tieren und kontaminierten Gegenständen übertragbar. Vor allem Körperflüssigkeiten und der blasenartige Ausschlag – die „Pocken“ – enthalten Virenpartikel, die längere Zeit infektiös bleiben. „Die bislang bekannten Fälle von Infektionen mit Clade Ib, fast ausschließlich bei Erwachsenen, scheinen vor allem sexuell übertragen worden zu sein“, sagt Christina Frank vom RKI.

Über Reisende könnten die Mpox-Viren auch nach Europa gelangen und sich hier über sexuelle Kontakte weiter ausbreiten, so das RKI. „Bislang wird die Wahrscheinlichkeit einer Ausbreitung der Clade Ib auf Europa als gering eingeschätzt, obwohl es natürlich möglich ist“, so Koopmans. Sollte dies passieren, besteht dennoch kein Grund zu Panik. „Ein Mpox-Fall kann [in Deutschland] rasch erkannt und durch Gegenmaßnahmen wie Isolierung, Quarantäne und Impfungen eingegrenzt werden“, sagt Roman Wölfel vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr.

Angefärbte Mikroskopieaufnahme eines Mpox-Virus
Impfstoffe gegen das Variola-Pockenvirus helfen auch gegen Mpox. © National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID)

Wer sollte sich nun impfen lassen?

Durch das Ausrufen einer Notlage können die WHO und Regierungen nun leichter Maßnahmen zur Eindämmung des Erregers treffen. Beispielsweise können betroffene Länder nun ihre Diagnose-Kapazitäten für PCR-Tests ausbauen und ohne ein zeitaufwändiges nationales Genehmigungsverfahren größere Mengen Mpox-Impfstoff kaufen.

Eine Impfung gegen das klassische Variola-Pockenvirus ist auch für den Schutz vor einer Infektion mit dem Mpox-Virus wirksam und zugelassen. Besonders gebraucht wird dieser Impfstoff nun wieder in den betroffenen afrikanischen Ländern. „Allerdings konnte in den Ländern des globalen Südens bislang immer noch keine angemessene Versorgung mit diesen Impfstoffen sichergestellt werden. Das erschwert die Eindämmung von Mpox“, sagt Wölfel mit Blick auf die internationalen Bemühungen seit dem Ausbruch 2022.

In Deutschland ist die Pocken-Impfung seit 1976 (West) beziehungsweise 1982 (Ost) nicht mehr verpflichtend, so dass jüngere Menschen kaum noch geimpft sind. Das RKI empfiehlt diese Impfung aktuell nur für Personen mit Risikofaktoren. Dazu zählen derzeit Erwachsene ab 18 Jahren, die nachweislich direkten Kontakt mit Infizierten haben oder hatten oder regelmäßig wechselnde Sexualpartner haben, sowie medizinisches und Laborpersonal mit Kontakt zu infektiösen Proben und Patienten.

Quellen: Science Media Center, Robert-Koch-Institut (RKI), Weltgesundheitsorganisation WHO

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